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Laurent Sciboz
Monday, 21. February 2022 - 10:28

Seit über 24 Jahren leitet Laurent Sciboz das Institut Wirtschaftsinformatik. Er hat zahlreiche Projekte zur Verbesserung der Informationsqualität lanciert. Die Entwicklung der Medien und des Umgangs mit Informationen im Allgemeinen muss seiner Ansicht nach im Auge behalten werden, da die damit verbundenen Herausforderungen für unsere Demokratie von grosser Bedeutung sind.  

Sind Fake News wirklich gefährlich? 

Ja, zweifellos. Das aussagekräftigste Beispiel ist Cambridge Analytica, das Unternehmen, das 2018 in die Schlagzeilen geriet. Es hatte sich persönliche Daten von zig Millionen Facebook-Nutzern beschafft, um im Rahmen von Donald Trumps Wahlkampf Wähler mit zielgerichteten Botschaften zu manipulieren. Dies ist ein riesiges demokratisches Problem.

Fake News haben schon immer existiert. Weshalb sind sie heute gefährlicher als früher? 

Heutzutage kann jeder Chefredakteur sein. Durch die sozialen Netzwerke und das Internet können alle User jederzeit Informationen veröffentlichen und verbreiten. Das gab es früher ganz einfach nicht. 

Wie erklären Sie sich, dass anonymen Blogschreibenden mehr vertraut wird als den herkömmlichen Medien? 

Dies hat mehrere Gründe. Zunächst einmal leben wir in einer Zeit des offensichtlichen Überflusses, auch bei den Informationen. Deshalb sprechen wir oft von Informationsüberflutung.

Meiner Meinung nach hat die Qualität der Informationen nachgelassen. Den Medien stehen weniger finanzielle Mittel zur Verfügung, weil ein Teil der Werbeeinnahmen an die Big Five (Google, Amazon, Facebook, Apple, Microsoft) geht. Gleichzeitig sind wir im Zeitalter der kostenlosen Information angekommen, die allen zur Verfügung steht. Hier wollen wir mit unserem Projekt ansetzen, in dessen Rahmen wir in Zusammenarbeit mit der ESH Media Group und Le Nouvelliste ein Label schaffen wollen.

Welche Art von Medien bzw. Artikel werden am häufigsten gelesen?

Heutzutage muss alles schnell und einfach sein, auch die Information. Deshalb sind auch die sozialen Netzwerke, die diesen Trend begünstigt haben, so erfolgreich. Sie werden durch die verfügbare “Hirnzeit“ der Nutzer finanziert. Diese neigen dazu, Artikel zu lesen, die ihre eigene Weltanschauung bestätigen. Qualitativ hochstehende Artikel und verifizierte Informationen kommen erst an zweiter Stelle. 

Die Aufgabe einer Hochschule besteht darin, qualitativ gute Informationen zu vermitteln. Gehört die Sensibilisierung für Fake News ebenfalls dazu?

Nicht direkt, aber alle höheren Ausbildungen dienen dazu, die Kritikfähigkeit der Absolvierenden zu verbessern.

Welche anderen Projekte in Zusammenhang mit der Informationsqualität führen Sie durch?

Wir arbeiten an einem grossen AImédia-Projekt. Open Data ist die Zukunft der zertifizierten News. Die Bürger/innen müssen über alle Daten verfügen, die sie benötigen, um sich eine Meinung über die Umwelt, die Verschmutzung usw. zu bilden. Gemäss Auflagen des Bundes müssen diese Daten zur Verfügung gestellt werden, da sie durch die Öffentlichkeit finanziert werden. Unsere Aufgabe besteht darin, diese Daten in animierten und verständlichen Grafiken darzustellen. Die offiziellen Daten liegen zwar vor, werden aber derzeit nicht aufbereitet. Das ist die Zukunft des digitalen Medienwandels. 

Hespresso #4 

Dieser Artikel erschien in der 4. Ausgabe des Magazins hespresso der HES-SO Valais-Wallis zum Thema Fake News. Das Magazin enthält absichtlich mehrere Falschmeldungen.