Werkstoffinnovation und Weltraumforschung an der HEI

Am 5. November wird die SpaceX-Trägerrakete Falcon 9 (Dragon CRS-2 SpX-31) Materialproben in den Weltraum schicken, die an der Hochschule für Ingenieurwissenschaften (HEI) entwickelt wurden. Die Forschungsgruppen Mechanical Design und Powder Technology and Advanced Materials haben Formgedächtnismaterialien entwickelt, die speziell für den Einsatz im Weltraum geeignet sind. Damit setzt die HES-SO Valais-Wallis neue Massstäbe im intelligenten Maschinenbau.
Zur Förderung der europäischen Raumfahrtindustrie haben die französische Raumfahrtagentur Centre National d'Études Spatiales CNES und die europäische Weltraumorganisation ESA im Jahr 2020 ein Programm gestartet, um Materialien unter realen Weltraumbedingungen zu testen. Ziel ist es, den Transport von Proben zur Internationalen Raumstation ISS zu vereinfachen und die Kosten für die Material- und Werkstoffqualifizierung zu senken. Die Proben werden in die Umlaufbahn gebracht und extremen Bedingungen wie Vakuum, Strahlungen und Temperaturschwankungen ausgesetzt.
Die beiden Forschungsgruppen Mechanical Design und Powder Technology and Advanced Materials der Hochschule für Ingenieurwissenschaften haben ihre Kräfte gebündelt, um sich an diesem fortschrittlichen Projekt der ESA zu beteiligen. Sie setzen Formgedächtnismaterialien ein, um mechanische Systeme intelligenter reagieren zu lassen. Diese Werkstoffe können sich bei Temperaturschwankungen verformen und kehren anschliessend in ihre Ursprungsform zurück. Das macht sie ideal für Weltraummissionen, bei denen höchste Zuverlässigkeit gefragt ist und Materialien extremen Bedingungen standhalten müssen.
Der 3D-Druck durch selektives Laserschmelzen von Metallpulver ermöglicht die Herstellung innovativer Systeme für die Biomedizin, Automobilindustrie und Raumfahrt. Am Institut für Systemtechnik der HEI konnten mit dieser Technologie Bauteile hergestellt werden, die sich unter Belastung stark verformen und bei leichter Erwärmung, z. B. durch elektrischen Strom induziert, ihre ursprüngliche Form wiederfinden. Diese Eigenschaften sind für Mechanismen in der Raumfahrt besonders wertvoll, zum Beispiel die Steuerung der Flugbahn von Satelliten oder das Öffnen von Mechanismen.
„Im Gegensatz zu herkömmlichen Aktuatoren, die mechanische oder elektronische Systeme und manchmal sogar pyrotechnische Auslöser benötigen, haben unsere Formgedächtnislegierungen ein materialinhärentes Verhalten, was sie für Weltraummissionen äusserst zuverlässig macht“, erklärt Gabriel Paciotti, Dozent an der HEI und Projektleiter. „Zudem ermöglicht uns der 3D-Druck, massgeschneiderte Bauteile zu fertigen, was im Ingenieurwesen neue Möglichkeiten eröffnet.“
Die von der HEI entwickelten Nickel-Titan-Proben sind superelastische Formgedächtnislegierungen, die grossen Verformungen ohne Qualitätsverlust standhalten können. Im Rahmen dieser Mission werden die Proben nun getestet, um sicherzustellen, dass diese Eigenschaften auch im Weltraum stabil bleiben, d. h. ihre Zuverlässigkeit und Festigkeit gewährleistet sind.
Unter der Leitung von Samuel Rey-Mermet und Efraín Carreño-Morelli wurde in den Labors der HES-SO Valais-Wallis in Sitten die Stabilität der atomaren Strukturen bei Temperaturschwankungen umfassend geprüft. Gabriel Paciotti war verantwortlich für die Prüfung der Spannungsrisskorrosion sowie der Oxidation und deren Einfluss auf die elektrische Leitfähigkeit. Diese Tests ergänzen diejenigen der ESA und sollen sicherstellen, dass die Materialien den extremen Bedingungen im Weltraum standhalten.
„Dieses Projekt ist mehr als ein technologischer Durchbruch: Es ist ein Paradigmenwechsel im Maschinenbau. Deshalb bereiten wir im Rahmen unserer Ausbildungen die zukünftigen Ingenieurinnen und Ingenieure darauf vor, das Potenzial dieser Innovationen zu erforschen“, ergänzt Paciotti.
Im All werden die Proben auf der Bartolomeo-Plattform der ISS befestigt werden und so während 12 Monaten die Erde umkreisen. Nach ihrer Rückkehr werden die Forschenden in Sitten erneut intensive Tests durchführen, um die Auswirkungen des Weltraumaufenthalts auf die Werkstoffproben zu analysieren.
Kontakt:
Gabriel Paciotti, Mechanical Design Research Group 079 476 32 32 – gabriel.paciotti@hevs.ch
Samuel Rey-Mermet, Powder Technology and Advanced Materials Research Group 076 349 94 52 - samuel.rey-mermet@hevs.ch
Efraín Carreño-Morelli, Powder Technology and Advanced Materials Research Group 078 897 28 54 - efrain.cmorelli@hevs.ch
Links:
Countdown zum Start: https://nextspaceflight.com/launches/details/6913?utm_source=nsf
Weitere Informationen: https://www.nasa.gov/missions/station/iss-research/nasas-spacex-31st-resupply-mission-to-launch-experiments-to-station/