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Monday, 15. July 2024 - 07:00

Vor dem Hintergrund der aktuellen sozialen Herausforderungen etabliert sich das Institut für Soziale Arbeit als führender Akteur in der Forschung und der sozialen Intervention im Wallis. In diesem Institut, in dem die Forschungsaktivitäten der Hochschule und Höheren Fachschule für Soziale Arbeit koordiniert werden, werden die vielfältigen Aspekte dieser Disziplin in einer im ständigen Wandel befindlichen Welt erforscht. Marion Repetti, die Leiterin des Instituts, spricht über die wichtigsten Forschungsschwerpunkte und zentrale Themen wie soziale Inklusion und nachhaltige Entwicklung.

Welches sind die sozialen Schwerpunktthemen im Wallis und in der Schweiz?

Seit einigen Jahren wird Inklusion zu einem wichtigen Thema, vor allem in der Sozialarbeit. Eng damit verbunden sind Probleme wie Sexismus oder Diskriminierung aufgrund einer Behinderung und vieles mehr. In der Schweiz haben die Behörden zum Beispiel erkannt, dass Rassismus ein systemisches Problem ist. Durch eine umfassendere Definition des Inklusionsbegriffs sollte jeder Mensch einen Platz in unserer Gesellschaft finden können.  

Das zweite Thema, über das regelmässig diskutiert wird, ist nachhaltige Entwicklung. Wie geht die soziale Arbeit mit Umweltfragen um?

Wir untersuchen, welchen Einfluss die Umweltkrise auf die Gesellschaft hat und welche Unterstützung wir bei der Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen leisten können. Soziale und ökologische Probleme sind eng miteinander verbunden, da die sozial schwächsten Bevölkerungsgruppen oft als erste von den Auswirkungen betroffen sind. 

Wir konnten uns mit diesen Fragen befassen, da die HES-SO Valais-Wallis bestrebt ist, die Interdisziplinarität zu fördern. Dies hat dazu geführt, dass diese Themen seit einigen Jahren von unseren Forschungsteams immer stärker in ihre Projekte integriert werden.  

Wie erklären Sie sich das starke Wachstum des Instituts für Soziale Arbeit in den vergangenen Jahren?

Diese positive Dynamik innerhalb der Forschungsteams ist unter anderem darauf zurückzuführen, dass sie bei zahlreichen Ausschreibungen zur Forschungsförderung erfolgreich waren. Dadurch können vermehrt Forschungsprojekte durchgeführt werden, die sich mit aktuellen sozialen Problematiken in unserem Kanton und darüber hinaus befassen. Diese Dynamik, die auf wissenschaftlichem Know-how, einer umfassenden Kenntnis der Sozialarbeit und auch einer Portion Kühnheit beruht, wird bestmöglich unterstützt und gefördert.

Ist dies nicht die Aufgabe des neuen Valreso-Projekts?

Unter anderem. Valreso, das Walliser Netzwerk für Sozialforschung und soziale Innovation, vereint Fachpersonen aus Forschung, Lehre, Politik und dem Walliser Sozialwesen. Das Ziel besteht darin, die Zusammenarbeit zu stärken und zu einem intensiveren Informationsaustausch beizutragen.  

Eines Ihrer Teams untersucht im Rahmen eines Projekts die Auswirkungen, die die Muttersprache auf unsere soziale Wahrnehmung der Sozialarbeit haben kann. Was hat es damit auf sich?

Dieses Forschungsprojekt ist insofern interessant, als dass trotz einer gemeinsamen Ausbildung mit demselben Rahmenstudienplan die Wahrnehmung der Profession und die Definition der sozialen Arbeit je nach Sprachregion stark variieren können. Solche kulturellen Unterschiede führen zu Herausforderungen bezüglich der beruflichen Identität und des Verständnisses der Profession.

Anhand unserer französisch- und deutschsprachigen Studierenden untersuchen die Forschenden, wie die Soziale Arbeit je nach sprachlichem Hintergrund unterschiedlich wahrgenommen werden kann. Das Projekt wurde zwar erst in diesem Jahr lanciert, wird jedoch hoffentlich aufzeigen, wie die Soziale Arbeit in der Deutschschweiz und der Romandie verstanden wird. Es kann auch auf politischer Ebene wertvolle Erkenntnisse liefern, insbesondere im Hinblick auf das Verhältnis zum Staat, denn in der Sozialpolitik werden die markantesten Unterschiede zwischen den Sprachregionen unseres Landes sichtbar.  

Sie interessieren sich auch für die ältere Bevölkerung, die in den Bergen lebt. Warum ist es wichtig, darüber zu sprechen?

Menschen wünschen sich oft, zuhause alt werden zu können, weil sie sich dort wohlfühlen. Dies stellt jedoch insbesondere für die hochbetagten Bewohnenden von Bergdörfern im Wallis eine grosse Herausforderung dar. Unser Forschungsprojekt will aufzeigen, welche besonderen Bedürfnisse diese in den Walliser Seitentälern wohnhaften Menschen haben und wie wichtig die pflegenden Angehörigen und die Nachbarn für den sozialen Zusammenhalt sind. 

Diese Solidarität wird jedoch durch den Rückgang der Freiwilligenarbeit gefährdet. Dadurch wird nicht nur ein Schwachpunkt im aktuellen System aufgedeckt, sondern auch die soziale Gerechtigkeit infrage gestellt, da diese ehrenamtlichen Arbeiten oft von Frauen übernommen werden.  

Angesichts dieser Entwicklung ist es unerlässlich, Informationen über die aktuellen Lebensbedingungen dieser älteren Menschen zu sammeln und Strategien zu finden, um die Beständigkeit solcher Unterstützungsmassnahmen zu gewährleisten. Die Forschungsergebnisse können dann in die politischen Debatten einfliessen und für die öffentliche Politik richtungsweisend sein. Dies zeigt, wie die Ergebnisse unserer Forschung über unsere Hochschule hinaus der Gesellschaft zugutekommen.